🥦 S-Effekte

"Si tacuisses, philossophus manisses", wird der weise Boetius gerne frei zitiert. Heute geht es zwar nur selten darum, durch Zurückhaltung Geisteskraft zu zeigen, aber immerhin kann dadurch so mancher Unbill erspart bleiben. Dies musste vor nicht allzu langer Zeit auch Barbara S. feststellen, Namensgeberin des Streisand-Effekts.

Kaum vorstellbar, dass der gelernte Jurist und Medienprofi Markus S. das nicht weiss. Umso mehr erstaunt es, mit welcher Vehemenz und Lautstärke er gegen die Liberalisierung des Umgangs mit Cannabis wettert. Tatsächlich verschafft zumindest in Bayern wohl niemand dem Thema mehr Gehör als MS und Gefolgschaft.

Wenn man etwas zusammendrücken will, so muss man es erst ordentlich sich ausdehnen lassen.
Laotse, Tao Te King

Mag hier das wahre Handlungsmotiv zu finden sein? Will Markus S. den vermuteten Volkszorn so bis zur Unkenntlichkeit aufblähen, dass die Selbstauflösung in Absurdität logische Folge sein muss? Hat M.S. am Ende gar was geraucht? (Bier mag er ja - höchst verdächtiger Weise und trotz Anstoss am Nockherberg - nach eigener Aussage nicht).

Oder ist dieses Letzte Aufgebot doch nur eine ewig-gestrige Schnapsidee.

nvb 04.2024


🌶️ Linux* und Demokratie


Würden Sie ein chinesisches Betriebssystem einsetzen?

Eben.

Warum benutzen Sie dann ein Betriebssystem, geliefert aus einem Staat, der Softwareherstellern den Einbau von Hintertüren (Backdoors) und Beobachtung wie Übermittlung von Nutzerdaten an die eigenen Behörden und Geheimdienste gesetzlich vorschreibt, worüber ein Geheimgericht wacht?

Keine Frage, es ist sehr zugespitzt formuliert. Bezüglich Achtung der Menschenrechte, bürgerlicher Freiheiten und Privatsphäre gibt es zwischen diesen beiden Staaten fundamentale Unterschiede - und im Präsidenten-Wahljahr 2024 ist zu hoffen, dass es auch so bleibt. Sicher ist das nicht.

Nicht weniger klar ist, dass es schon sehr großes, wenn nicht blindes Vertrauen in den Staat und unsere transatlantischen Freunde braucht, wenn man private oder wirtschaftlich sensible Daten mit Betriebssystemen und Programmen von Firmen verarbeitet, die staatliche Behörden per Gesetz umfassend und verdachtsunabhängig aktiv informieren müssen.

Persönlich habe ich nicht wirklich etwas zu verbergen und auch Vertrauen in den Staat und seine Institutionen. Trotzdem würde ich niemals meinen Hausschlüssel bei der Polizei abgeben wollen, damit sie regelmäßig bei mir 'nach dem Rechten sehen kann'. Danke, das kann ich selber.

Linux ist unbequem. Die Einarbeitung dauert länger als bei den beiden grossen kommerziellen Betriebssystemen. Dafür gibt es immer noch Kompatibilitätsprobleme. Die sind zwar oft hausgemacht und gewollt, aber dennoch lästig.

Aber Linux ist auch frei, wie in Freiheit (und auch kostenlos, wie in Freibier). Linux hat keine geheimen Programmteile. Millionen von Anwendern und Entwicklern suchen nach Fehlern und Ungereimtheiten. Versuche von großen staatlichen Akteuren, Hintertüren einzubauen, gab es immer wieder, zuletzt wohl vor ein paar Tagen. Aber sie werden auch früher oder später entdeckt, es ist nicht möglich, eine weltweite dezentrale Community dauerhaft zu überwachen, zu bestechen, zu bedrohen.

Es wird Zeit, die Digitalisierung demokratisch-rechtsstaatlich in die Hand zu nehmen. Linux ist ein wesentlicher Baustein.


* Das Gesagte gilt natürlich nicht nur für GNU/Linux, sondern genauso für die BSD-Familie oder GNU/Hurd.
Linux ist aber derzeit die einzige praktische Möglichkeit für Anwender.

nvb 04.2024


🌶️ Tempolimit


Umfragen legen nahe, dass zumindest eine leichte Mehrheit, mich eingeschlossen, ein generelles Tempolimit von 130 befürworten würde. Die Realität auf den Autobahnen zeigt, dass es eher mehr als 50% sind, die damit leben können und selten schneller fahren. Es gibt aber auch strikte Gegner, sei es aus persönlichen oder wirtschaftlichen Interessen. Die Frage der Sinnhaftigkeit reduzierter Maximalgeschwindigkeit ist in der Realität wohl auch weit weniger umstritten und kontrovers, als es die öffentliche Berichterstattung und Foren vermitteln. Aber es gibt nun mal auch massiven Widerstand und der unbedingte Wille zur Durchsetzung auf beiden Seiten führt zu nichts als Blockade.

Ein Vorschlag zur Befriedung:

  1. Wer - und gerne mit staatlicher Förderung - sein Auto elektronisch auf 130 drosselt und dies per Aufkleber kundtut, wird von der KFZ-Steuer befreit, die aufkommensneutral auf die ungedrosselten KFZ umgeschichtet wird. Versicherungen werden wohl ganz automatisch nachziehen.

  2. Unnötiges Linksfahren bleibt verboten, aber niemand darf genötigt werden, schneller als 130 zu fahren, d.h. wer mit 130 LKW-Kolonnen überholt, muss nicht bremsen, um einscheren zu können und schnellere Fahrer überholen zu lassen.

Damit können die Schnellfahrer - gegen Aufpreis und wenn die Autobahn wirklich frei ist - schnell fahren, und die umweltorientierten, aber vielleicht unentschiedenen, erhalten einen zusätzlichen Anreiz. Das führt dann zwar nicht zu 100% Tempolimit, was ein Gesetz allerdings auch nicht erreichen würde, aber vielleicht zu mehr gegenseitiger Toleranz und 90% Tempolimit.

nvb 11.2023


ꛡ Division durch Null


Schulmathematisch ist die Division durch Null einfach verboten, in der höheren Mathematik gibt es meines recht geringen Wissens so kluge wie praktisch unbefriedigende Antworten. Nun bin ich kein Mathematiker, nicht mal auf Schulniveau.

Aus der Sicht der Mathematik mag es schlüssiger und besser sein, eine Definitionslücke zu lassen im ansonsten kontinuierlichen und in sich geschlossenen Zahlenuniversum, als mit einem vagen Metazustand einer Zahl zu leben. Auch wenn genau das schon bei der 'Erfindung der Null' geschehen sein dürfte.

Tatsächlich kann man einen Kuchen nicht an Null Personen verteilen. Aber der Kuchen ist trotzdem da und hat auch die potenzielle Eigenschaft der Teilbarkeit, ist also quasi in einem latenten Zustand und wird sofort wieder zum verteilbaren Objekt, sobald jemand zum Verteilen da ist. Es stellt sich die Frage, ob man etwas reales, wenn auch nicht unbedingt existierendes, einfach wegdefinieren bzw. entdefinieren sollte, nur weil man damit momentan nicht umzugehen weiss?

Eine nichtmathematische Annäherung, aus Respekt für die großen arabischen Denker in Märchenform begonnen, findet sich ⸎ hier.

nvb 11.2023


⸖ Yellow CMS


Schon seit einigen Jahren war ich auf Suche nach einem leichtgewichtigen, dateibasierten, sicheren und natürlich freien Web-CMS für eine blogartige Website, um bomhard.de neu aufzusetzen. Mit Yellow habe ich endlich gefunden, was ich mir erträumt hatte - keine Übertreibung:

Einfache, markupbasierte Seitengestaltung, HTML/CSS-Einbindung für komplexere Sachen oder einfach Gewohnheit, Editieren im Browser und idealer Weise die Möglichkeit zum statischen kompilieren. Yellow kann das alles und ist unglaublich durchdacht und doch so einfach. Absolut einsteigertauglich und für erfahrene Anwender wirklich mächtig. Ich hoffe, hier bald ein Tutorial zu veröffentlichen, das Einblick gibt in dieses wirklich feine Stück Freie Software.

For a couple of years I was in search for a lightweight, file-based, secure and of course free/libre Web-CMS for making a blog-like website to implement bomhard.de newly. Now with Yellow I finally found, what I was dreaming of - no exaggeration:

Simple markup-based page editing, HTML/CSS-embedding for more complex things or simply familiarity, in-browser editing and ideally optional static compilation. Yellow can do all that and is unbelievably sophisticated while so simple. Perfectly suitable for beginners and powerful for experienced users. Hopefully I will publish a tutorial soon here that gives a glimpse into that really decent piece of Free Software.

➚ datenstrom.se deutsch | ➚ datenstrom.se englisch

nvb 7.2023


⊙ Jantar Mantar


TitelSeit ich als Kind ein Photo des Jantar Mantar gesehen hatte, wusste ich, dort einmal hin zu wollen, ohne irgend etwas darüber zu wissen. Erst in der Vorbereitungsphase einer Indienreise Anfang der 1990er entdeckte ich, dass diese seltsamen Bauwerke, die ich nie aus dem Kopf verloren hatte, in Jaipur im indischen Bundesstaat Rajasthan stehen. Viele Jahre nach der Reise dorthin habe ich mit einer ersten Version dieses Artikels, der mit einigen Überarbeitungen seit rund 25 Jahren im Netz steht, meine Website begonnen. Es ist keine wissenschaftliche Arbeit sondern meine ganz persönliche Interpretation.

Since I saw a photo from Jantar Mantar as a child, I knew I wanted to get there once without knowing anything about it. Only during preparation of a journey to India in the early 1990s I discovered that those strange buildings that never got out of my head are in the Indian federal state of Rajasthan. Many years after that journey I started my website with the first version of this article, which is on the net with some revisions for about 25 years. It is no scientific work but my very personal interpretation.

Deutsche Version | English Version

nvb 1998, 2023